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OLG Hamburg Az. 8 U 141/86: Risiko gekipptes Erdgeschossfenster

Hausratversicherung greift unter Umständen auch bei gekipptem Erdgeschossfenster

Infolge von Wohnungseinbrüchen kommt es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Versicherungen und ihren Kunden. Der am häufigsten anzutreffende Grund ist die sogenannte Sorgfaltspflicht des Versicherten, welche viele Versicherungen im konkreten Einzelfall als verletzt ansehen.

In fast jedem Versicherungsvertrag ist eine solche Sorgfaltspflicht verankert, die der Versicherte beachten muss. Allerdings sind die diesbezüglichen Angaben oft sehr schwammig formuliert, weshalb Fälle solcher Art sehr oft vor Gericht gehen.

Nicht anders verhält es sich auch im folgenden Fall, der vor dem OLG Hamburg verhandelt wurde. Hier die konkreten Details:

Gekipptes Fenster wurde aufgehebelt

Ein Wohnungsinhaber ließ während seiner Abwesenheit im Erdgeschoss ein Fenster in Kippstellung. Dieses Fenster befand sich etwa zwei Meter vom Boden entfernt. Die Vorhänge im Inneren waren zugezogen.

Im der Folge kam es zu einem Wohnungseinbruch, bei dem der bzw. die Täter das besagte gekippte Fenster aufhebelten und somit in die Wohnung gelangten. Neben dem entstandenen Schaden am Fenster nahmen die Täter aus dem Wohnungsmobiliar Wertgegenstände im Wert von über 4.000 Euro mit.

Der Wohnungseigentümer wandte sich zur Schadensregulierung in der Folge an seine Hausratversicherung und forderte diese auf, für den Schaden aufzukommen. Die Versicherung ließ den Tatort zunächst von einem Mitarbeiter begutachten und schickte dem Kunden dann einen ablehnenden Bescheid.

Versicherung verweigert Zahlung wegen grober Fahrlässigkeit

In diesem verweigerte das Unternehmen die Auszahlung der Versicherungsleistung, da er ihrer Meinung nach durch das geöffnete Fenster den Schaden grob fahrlässig selbst herbeigeführt habe. Im Erdgeschoss dürfe während der Abwesenheit kein Fenster gekippt sein.

Andernfalls hätte der Versicherte die im Vertrag geforderte Sorgfaltspflicht in grober Art und Weise verletzt. Der Wohnungseigentümer sah sich mit dieser Begründung überhaupt nicht einverstanden und verklagte seine Versicherung. Der Fall ging in zweiter Instanz vor das OLG Hamburg.

Das Gericht entschied schließlich zugunsten des Klägers. Es stellt fest, dass diesem der Anspruch auf einen Versicherungsschutz zustehe, da er den Schaden nicht wie von der Versicherung behauptet grob fahrlässig herbeigeführt habe. Somit könne die Versicherung hier auch keine Auszahlung der Leistung verweigern.

Zwar stellte das Gericht eine Fahrlässigkeit fest, die jedoch nach Meinung der Richter nicht mit dem Attribut „grob“ zu bezeichnen sei. Diese Fahrlässigkeit bestehe darin, das Erdgeschossfenster während einer Abwesenheit gekippt zu lassen.

Hohes Fenster und geschlossene Gardinen unterstützen Geschädigten

Allerdings hätte der Wohnungsinhaber nicht davon ausgehen müssen, dass ein zwei Meter über dem Boden angebrachtes Fenster einen Einbruch begünstigen könnte, bzw. dass ein Einbrecher diese Distanz überhaupt problemlos überwinden kann. Hinzu kommt, dass er die Gardinen zugezogen hatte, so dass niemand von außen in die Wohnung sehen konnte.

Das Gericht betonte in diesem Zusammenhang, dass die zugezogenen Vorhänge die Erwägung des Wohnungsinhabers begründen, ein potentieller Einbrecher werde sich dahingehend abschrecken lassen, dass er dadurch nicht sicher sein kann, in der Wohnung keine Personen anzutreffen.

Aufgrund dieser Tatsachen, das heißt dem vergleichsweise großen Abstand des Fensters zum Boden und den zugezogenen Vorhängen, sah das Gericht den Sachverhalt einer groben Fahrlässigkeit als nicht gegeben. Der Klage wurde also stattgegeben, die Versicherung muss ihre Leistung an den Kunden auszahlen.

Urteil ist kein Freibrief zur Achtlosigkeit

Wer sich nun als Versicherter bereits freut, der sollte allerdings bedenken, dass es sich hierbei um eine Einzelfallentscheidung handelt, bei der kleinste Details wie etwa die zugezogenen Verhänge den Anstoß für die Entscheidung gegeben hatten.

Durch geringe Veränderungen im Sachverhalt hätte das Urteil also auch anders ausgehen können. Zudem ist es nicht sicher, ob andere Gerichte in Deutschland den Fall genauso gesehen und das Urteil in ähnlicher Weise gesprochen hätten.

Es kann also jedem Wohnungsmieter und Immobilienbesitzer nur empfohlen werden, die nötige Sorgfalt zum Absichern des eigenen Zuhauses walten zu lassen. Gerade über die diesbezüglichen Feinheiten gibt es immer wieder gerichtliche Auseinandersetzungen, und die Grenze zwischen „fahrlässig“ und „grob fahrlässig“ ist weder einfach zu definieren noch einheitlich festgelegt.

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